Stark nach dem Motto “08. März ist alle Tage” wollen wir euch in diesem neuen Format FLINTA* aus Berlin und ihre Arbeit vorstellen.

Trommelwirbel für Tänzerin Edith Simone. Sie lebt in Berlin-Friedrichshain, Los Angeles und Wien. 


Liebe Edith, wir freuen uns sehr, dass wir dich hier im Tanzstudio 'The Company' besuchen können. Wie kam es, dass du mit dem Tanzen angefangen hast?
Als ich mit 3 Jahren angefangen habe zu tanzen, meinte meine Taufpatin: 'Wir müssen die Edith unbedingt in Tanzkurse stecken'. Dann habe ich mit Ballett, Jazz und Hip-Hop angefangen. Ich hatte neben der Schule dreimal die Woche Unterricht, war bei vielen Meisterschaften und Tanz-Camps. In meiner freien Zeit habe ich gearbeitet, um mir nach meinem Schulabschluss zwei Monate Los Angeles und einen Monat New York City finanzieren zu können. Es war mein Traum, dort eine Agentur zu finden, die mich signed. Das hat glücklicherweise geklappt und ich bin zu jedem Casting gegangen, das ich finden konnte. So habe ich es schließlich auf die großen Bühnen geschafft.


Was macht das Arbeiten in diesen Bereichen für dich besonders? 
Die Freude und Liebe fürs Tanzen auf Bühnen teilen zu können, ist für mich das Größte. Dabei an so vielen verschiedenen Orten mit Menschen aus aller Welt arbeiten zu können, von denen so viele mehr als Arbeitskolleg:innen geworden sind, ist das absolute i-Tüpfelchen.


Die Freude kann man dir ansehen! Wie können wir uns deinen Alltag vorstellen?
Eigentlich habe ich keinen. Es fällt mir auch manchmal schwer, eine Balance zu finden und die Pausen auszuhalten, in denen keine Jobs reinkommen. Das Gefühl kennen sicher alle Selbstständigen. Aber es gibt einen Unterschied, je nachdem wo ich bin: Wenn ich in Los Angeles wohne, betreibe ich viel Recherche, um herauszufinden, was es aktuell für Castings gibt, welche Choreografen Classes anbieten und so weiter. In Deutschland und Österreich habe ich mittlerweile ein engeres Netzwerk und dadurch zum Glück weniger Druck und kann mehr Classes von Friends wahrnehmen sowie mich kreativen Konzepten wie Sessions widmen. Mir auch mehr Zeit für mich zu nehmen, sie mir zu 'erlauben', lerne ich gerade. 'Wer bin ich abseits vom Tanzen?' ist eine Frage, die mir dabei sehr hilft. 


Verrätst du uns Highlights deiner Karriere? Vielleicht auch Ziele?
Ein großes Highlight hatte ich direkt zu Beginn meiner Karriere. Ich war 18 Jahre alt und durfte bei den MTV Europe Music Awards mit Jason Derulo, Nicki Minaj und David Guetta auf einer Bühne tanzen. Ich bin super last minute nach Spanien zum Casting geflogen und habe zwei Tage vor Probenbeginn erfahren, dass ich den Job bekommen habe. Travel und Übernachtung musste ich selber zahlen, aber ich habe das damals als Investition in meine Karriere gesehen. Mittlerweile habe ich gelernt, dass nicht jede Chance ein Investment sein muss. Aber es war magisch zu fühlen, dass sich der Effort auszahlen kann. Highlights waren auch die Touren mit Shirin David und CRO. Tänzerisch war es so inspirierend, mit Choreografin Fatoumata Camara zu arbeiten. Ein Kindheitstraum und Herzensprojekt war es, bei CRO zu tanzen, nachdem ich mit 14 Jahren mal auf einem Konzert von ihm war. Das war irgendwie rewarding und einfach ein schönes Gefühl. Ich habe noch ganz große Ziele - ich bin noch lange nicht done! Ich freue mich mega auf die Monate in Los Angeles und bin gespannt, was sich ergeben wird.


Fingers crossed! Wie nimmst du den gegenseitigen Support in der Branche wahr? Was wünscht du dir für FLINTA* in deiner Branche?
Meine persönliche Einschätzung ist es, dass wir zumindest unter Tänzer:innen in puncto Gleichberechtigung schon ziemlich gut aufgestellt sind, aber ich würde mir wünschen, dass wir unter FLINTA* mehr zusammenhalten und weniger Konkurrenzdenken haben. Mehr ehrlicher Support wie beispielsweise Castings weiterleiten und dass man es sich gegenseitig gönnt, wenn ein Job klappt.


Wofür steht der “feministische Kampftag” für dich?
Ich finde der Tag ist einfach eine Erinnerung daran, dass jeder Tag ein feministischer Kampftag ist und wir weiterhin für Gleichberechtigung kämpfen müssen. Wir haben sehr viel Power und werden immer wieder unterschätzt, finde ich. Es gibt nochmal so einen Reminder für die Leute, die sowas nicht ernst nehmen und eine Bestärkung für uns und unsere Allies.

Welchen Ratschlag würdest du deinem jüngeren “Ich” mitgeben?
Du bist genug, wie du bist. Deine Leistung hat nichts mit deinem Wert zu tun. Die Jobs, die du machen willst, haben nichts mit deinem Wert zu tun. Du bist schön, wie du bist - was aber nicht heißt, dass du zu jeder Casting-Suche passt, und das ist okay so. Die richtigen Jobs und vor allem die richtigen Menschen werden ihren Weg zu dir finden. Just keep on going und trust the process.


Was sind für dich die Vor- und Nachteile in Bezug auf den Standort Berlin? 
Was hat sich über die Jahre verändert?
Als Vorteil empfinde ich die wachsende Dance-Community und vielen Classes. Genauso die hohe Anzahl von Musiker:innen, die gefühlt immer häufiger Tänzer:innen in ihre Shows integrieren. Ein Nachteil ist die begrenzte Anzahl von Jobs. Oft arbeiten Auftraggeber:innen mit denselben Gesichtern und es kann gerade am Anfange schwer wirken, reinzukommen. Außerdem ist die Bereitschaft, für die kreative und tänzerische Leistung entsprechend zu zahlen, ist hier noch eine andere als beispielsweise in Los Angeles.


Gibt es etwas, das du in Berlin vermisst?
Ich liebe Berlin für all die Facetten und Kunstbegeistertheit über die Branchen hinweg. Manchmal wünsche ich mir aber mehr Herzenswärme, Miteinander und (auch monetäre) Wertschätzung der Künste.


Was verbindest du mit deinem Kiez?
Es ist immer was los, es fühlt sich jung und pulsierend an. Zum Ausspannen zieht es mich dann aber aus meinem Kiez in Richtung Treptower Park oder Tempelhofer Feld.


Danke, Edith <3 


Das Video zum Interview findest du hier.