Stark nach dem Motto “08. März ist alle Tage” wollen wir euch in diesem neuen Format FLINTA* aus Berlin und ihre Arbeit vorstellen.

Trommelwirbel für Elisabeth Kiko! Sie lebt seit fast 2 Jahren in Berlin und arbeitet als Stylistin für Editorials, Film, Red Carpets, Musikvideos und Personal Stylings sowie im Bereich Kommunikation und Presse.

Liebe Kiko, wir freuen uns, dass wir dich bei einem Styling begleiten dürfen. Wie kam es, dass du dich für diesen Bereich der Mode-Branche entschieden hast?

Bei dem Thema Mode habe ich von Anfang an einfach Schmetterlinge im Bauch gehabt und es hat sich einfach so richtig angefühlt.  Daher bin ich mit 16 nach England aufs Internat gezogen, um dort bereits Textiles Design in der Schule haben zu können. Ich habe dann Mode Design an der NUA in Norwich 2017 direkt nach der Schule studiert. Von der Design-Assistenz bin ich dann eher ins Styling gerutscht. Dort habe ich gemerkt, dass ich es liebe, am Set und im Team zu arbeiten. Dann ergab sich unerwartet die Möglichkeit, zu unterrichten. Das war tatsächlich der Moment, den ich im Leben gebraucht habe: einen Grund kreativ zu arbeiten und an die Zukunft der Modeindustrie zu glauben. Ich habe dann für zwei Jahre Textildesign im A-Level und Kunst für GCSE in England unterrichtet.  Bin dann immer zwischen der Kleinstadt am Meer und London gependelt. Meine Schüler:innen haben mich dort so inspiriert, dass es mich aber wieder zurück in die Industrie gezogen hat. Ich habe ihnen immer gesagt: „Do what you love“ – und jetzt mache ich das auch. Also bin ich nach acht Jahren komplett zurück nach Deutschland. Aktuell arbeite ich als Freelance-Stylistin und liebe es sehr. Sowie im Bereich Kommunikation und Presse, ein Bereich, der mich sehr inspiriert, da ich Kommunikation an erste Stelle setze – sei es in meinem Alltag, Beziehungen oder in meiner kreativen Arbeit. Gleichzeitig mache ich auch noch einen Master in Modedesign an der Kunsthochschule Weißensee, an dem ich gerade an meiner eigenen Kollektion arbeite. Mit dem Master wollte ich mir noch einmal komplett meinen eigenen kreativen Raum geben. 

Was ist der Lieblingspart an deinen Jobs?

Dass man im Team arbeitet: Ich liebe die Energie, die am Set entsteht oder wenn ich mit Artists in einem Fitting bin und sie sich selbst durch neue Augen sehen und sich dann so fühlen dürfen.

Woher ziehst du deine Inspiration? Wie wichtig ist es, sich an aktuellen Trends zu orientieren?

Tatsächlich viel aus meinem Alltag. Sei es die Farbkombination der Kabel, die aus der Decke kommen oder die Proportionen von meinem Nachbarhaus. Ich bin in einem Architektur-Haushalt aufgewachsen, dementsprechend inspirieren mich Formen und Proportionen sehr. Ich glaube, es ist gut, Trends zu verstehen und wo dieser herkommt, umso die Society zu verstehen. Diesem zu folgen ist dann aber wieder langweilig.

Wie können wir uns deinen Alltag vorstellen?

Gute Frage. Jeder Tag sieht ganz anders aus, da ich komplett selbständig bin. Ich arbeite von zu Hause, mal vom Soho House oder so. Manchmal mache ich auch Calls mit Clients in meinem Atelier und danach setze ich mich an die Nähmaschine, um einen Prototypen für meine Master-Kollektion zu nähen. Viel Logistik fließt in Styling-Jobs: Wann, von wo, von wem und wohin etc. Man verbringt Zeit mit Research und Sourcing sowie in Showrooms, besucht Agenturen oder Archive und dann verbringe ich meine Abende damit, Teile für Künstler:innen oder Shootings zu sortieren. Viel Koffer und Tasche packen und wieder auspacken. Aber auch viel sitzen, visualisieren, kreieren und ganz viele Fittings. Dazu kommt noch das Networking, welches oft gar nicht erwähnt wird, aber essentiell ist, in der Industrie gemeinsam und kollaborativ zu wachsen.

Wie nimmst du den gegenseitigen Support in deiner Branche wahr?

Mit Blick auf Berlin empfinde ich viel „Women Power“. Mein Umfeld besteht aus so tollen inspirierenden Frauen aus verschiedensten Branchen, und dazu gibt es hier sehr viele coole Stylistinnen, die sich gegenseitig unterstützen, vor allem auch auf Social Media. Es ist eine kleine Industrie, und obwohl ich erst vor knapp zwei Jahren nach Berlin gezogen bin, fühle ich mich langsam angekommen und wurde sehr herzlich willkommen geheißen.

Was wünscht du dir für FLINTA*-Personen in der Modebranche?

Wenn man die Modeindustrie an sich anschaut, sind es ganz oben vor allem weiße Männer mit dem Geld. Auch in den großen Häusern sitzen meistens nur männliche Designer und Creative Directors, ich wünsche mir, dass da mehr FLINTA* vertreten sind. Ich wünsche mir FLINTA* an der Spitze, um wirkliche Magie entstehen zu lassen. 

Was repräsentiert der feministische Kampftag für dich?

Spotlight. Ich finde es sehr gut, dass die Aufmerksamkeit auf FLINTA* fällt, obwohl das natürlich jeden Tag der Fall sein sollte. Aber diesen Tag zu ehren und vor allem den Weg und die Vergangenheit, und so vereint in die Zukunft zu schauen.

Was würdest du deinem jüngeren “Ich” gerne sagen? Hast du Tipps an die FLINTA* da draußen?

Was ich auch viel mit meinen Schüler:innen besprochen habe, sei du selbst, sei stolz und “do what you love”.

Berliner Mode in 3 Worten?

Unerwartet, frei und kreativ.

Vor- und Nachteile in Bezug auf den Standort Berlin?

Vorteil: Es gibt noch den Platz und die Nichen in der Industie zum kreieren, neben auch dem physischen Platz, weil Mieten und Leben in Berlin bezahlbar ist, im Vergleich zu anderen europäischen Hauptstädten.  Auch toll ist die große Kunstszene, allgemein so kreativ.

Nachteil: Es ist keine Modestadt und man kämpft mit der Post. Auch vermisse ich mehr internationale Vernetzung und es wird insgesamt weniger Geld für kreative Arbeit ausgegeben.

Was hat sich über die Jahre verändert?

Alleine schon in der Zeit, in der ich nun hier wohne, hat sich viel getan: Mehr Brands ziehen her, die Industrie verbindet sich mehr und es entstehen neue Erwartungshaltungen. An die Modeindustrie in Berlin: realistische Erwartungen für diese Stadt. Es ist eine unglaublich kreative Stadt und toll für emerging Brands, es wird nie eine Modestadt sein. Wir werden in Berlin nie Häuser wie Chanel oder Bottega Veneta haben, aber das ist auch gut so. 

Was fehlt Berlin?

Ein Pub. (Nostalgie an England).

Was verbindest du mit deinem Kiez?

Meine Wohnung und meinen Ruhepol.

Danke Kiko <3

Das Video zum Interview findest du hier