Stark nach dem Motto “08. März ist alle Tage” wollen wir euch in diesem Format FLINTA* aus Berlin und ihre Arbeit vorstellen.

Trommelwirbel für Künstlerin Lara Hulo! Sie lebt seit knapp 1,5 Jahren in Berlin und arbeitet als Musikerin und Songwriterin.

Liebe Lara, danke für deine Zeit! Wieso hast du dir eine S-Bahn-Haltestelle als Treffpunkt ausgesucht?

Weil ich einfach unfassbar viele Promo-Videos in S-Bahnen aufnehme. Das hat aber tatsächlich schon früher angefangen. Ich bin damals in meiner Schulzeit während des Abis ganz oft nach Hamburg gefahren und hab’ währenddessen schon Straßenmusik mit einer Freundin gemacht, die wir dann auch in der Bahn präsentiert haben. Nach wie vor mag ich irgendwie die Location, wie man auf meinem Insta sehen kann (lacht).

Wie kamst du zur Musik? 

Ich bin in einem musikalischen Haushalt groß geworden und hab schon, seit ich denken kann, Musik gemacht. Mit 17 hat ein Produzent mich dann entdeckt und unter Vertrag genommen. Ab da bin ich von Vertrag zu Vertrag und hab mich in dem Kontext oft blenden lassen. Rückblickend würde ich gerne wissen, wo ich heute stehen würde, wenn ich früher darauf gehört hätte, was ich eigentlich will. Ich habe dann aus Sicherheitsgründen vor zwei Jahren meinen  Lehramt-Master abgeschlossen. Während des Studiums dachte ich irgendwann, obwohl es mein Kindheitstraum ist, dass ich die Musikkarriere aufgeben muss. Und genau in dem Moment gings los und jetzt darf ich hier stehen und bin super dankbar dafür!

Was ist dein Lieblingspart an deinem Beruf?

Live vor Publikum zu spielen und Texte zu schreiben. Ich liebe es, dass man mit vielen Menschen zusammenarbeitet und seine Emotionen so zusammen  verarbeitet. Ich versuche immer, die Emotion mit ins Studio zu nehmen und das in den Song einfließen zu lassen. Wenn am Ende vom Tag ein Song entstanden ist, wars ein richtig guter Tag und ich denk mir so oft ‘krass, das ist jetzt dein Job’ – ich bin so dankbar dafür!

Wie können wir uns deinen Alltag vorstellen?

Kein Tag ähnelt dem anderen. Eben haben wir noch ein Musikvideo gedreht, davor war ich ein paar Tage in Hamburg im Studio, davor war ich in einem Songwriting-Camp, dann war ich in Leipzig bei der Vorproduktion zu meiner Tour, jetzt ist Kampagnenplanung angesagt, heute hab ich zwei Interviews. Auf der einen Seite ist das voll schön und auf der anderen Seite merke ich, dass es dafür das Private manchmal schwer planbar macht.

Gestern kam deine neuste Single „FRAU“ raus und du gehst bald auf HEARTFiX-Tour. Worum geht es dir mit deiner Musik — und was für ein Live-Erlebnis willst du mit ihr schaffen?

Was mich am meisten emotionalisiert und was ich am Schönsten am Musik machen finde, ist, wenn nach einem Konzert Leute zu mir kommen und sagen 'Deine Musik hat mich durch eine schwere Phase gebracht’ oder ‘Krass, ich fühl das Gleiche!'. Oft bin ich mir unsicher, ob ich das so schreiben kann und dann kommt so ein Feedback und wir beide fühlen uns weniger alleine damit. Ich habe in der Schule beispielsweise Mobbing erfahren und da versuche ich als Rolemodel voranzugehen und Kraft zu geben. Das ist so ein unbeschreiblich schönes Gefühl, wenn man für andere Menschen mit der eigenen Musik den positiven Impact haben kann, den die Musik von anderen wiederum auf mein Leben hatte. Was ich auf Tour schaffen will, ist, dass ich junge Menschen, vorallem FLINTA*-Personen ermutige, ihren Weg zu gehen. 

Wie nimmst du den gegenseitigen Support in deiner Branche wahr? 

Ich vermisse hier und da immer wieder Support untereinander. Ich muss mich auch immer wieder selbst daran erinnern, mich nach anderen Personen umzuschauen, die ich supporten kann. Gerade als Frau ist man daran gewöhnt, dass man sich seinen Platz hart erkämpfen muss, da geht es schnell mal unter auch nach den anderen zu schauen und ich will nicht werden wie so ein Musikindustrie-Dude, der nicht nach links und rechts schaut.

Was wünscht du dir für FLINTA*-Personen in der Musikbranche?

Mein Gefühl ist, dass FLINTA*-Personen in der Musikindustrie, gerade auch hinter den Kulissen, stark vertreten sind, aber viel zu selten in Entscheidungspositionen. Das kotzt mich an, da wünsch ich mir viel Veränderungen und mehr Sichtbarkeit. Ich versuche da auch bei mir selbst anzufangen, denn ich hab’ auch bei mir beobachtet, dass ich am Anfang mit den Menschen gearbeitet habe, die halt da waren. Was hauptsächlich Männer waren. Und mittlerweile versuche ich mehr darauf zu achten. Ich will meinen Teil beitragen und mehr FLINTA*-Personen mitziehen.

Was repräsentiert der feministische Kampftag für dich? 

Der Begriff zeigt ja schon, dass wir immer noch für etwas kämpfen müssen, wofür weiße CIS-Männer nicht kämpfen müssen. Was auf einer Seite traurig ist, aber auf der anderen Seite auch wichtig, weil sich nur dadurch Dinge verändern. Und es ist wichtig, dass wir diesen Kampf für Verbesserung und Gleichstellung jetzt kämpfen, damit unsere Töchter es hoffentlich nicht mehr müssen.

Was würdest du deinem jüngeren “Ich”  gerne sagen? 

Ey, du kannst darauf vertrauen, wer du bist. Du kannst darauf vertrauen, dass du was kannst. Du bist nicht davon abhängig, dass andere Leute dich irgendwo hinbringen, du kannst dich selbst dort hinbringen. Sei selbstbewusst, sag, was du denkst. Lass dich nicht runterreden. Vertrau auf dein Bauchgefühl.

Vor- und Nachteile in Bezug auf den Standort Berlin?

Es geht immer irgendwas, du kannst immer was machen. Dafür fühle ich mich hier immer mal wieder einsam und lost, weil ich mir hier noch nicht so einen Freundeskreis wie in Hamburg aufbauen konnte. Auch im Arbeitskontext bietet mir Berlin viel mehr Möglichkeiten, aber ich bin froh, dass ich nicht früher hergezogen bin, sondern erst in mir und mit meinem beruflichen Umfeld stabiler werden konnte.

Was hat sich über die Jahre verändert?

Ich fühle mich langsam aufgehobener in Berlin und freu mich sehr auf den Sommer, nachdem ich den ersten langen Winter hier erlebt habe.

Was fehlt Berlin? 

Bezahlbarer Wohnraum. Gerade in einer so turbulenten Stadt wie Berlin wünsche ich allen einen gemütlichen Wohlfühl-Rückzugsort.

Danke Lara <3

 Hier findest du das Video zum Interview ✨