Sie ist die wohl bedeutendste Identifikationsfigur der kurdischen Diaspora weltweit: Die Vokalistin Aynur, Alevitin, Jahrgang 1975, stammt aus Ostanatolien. Wegen ihrer progressiven politischen Positionen für Frauenrechte und gegen den türkischen Nationalismus wird sie in ihrer Heimat angefeindet und lebt heute in Amsterdam. Aber zur Musik: Von Beginn ihrer Karriere setzt Aynur neue Maßstäbe und verknüpft traditionelle Instrumente und Streicher in packenden populären Arrangements. Im Zentrum bleibt jedoch ihre berührende, aufwühlende, kraftvolle und ebenso melancholische Stimme, sie ertönt in kurdischen Dialekten und auch auf Türkisch.
Auch deshalb lädt der weltberühmte Cellist Yo-Yo Ma sie in sein Silkroad Ensemble ein. 2017 erhält sie den "Master of Mediterranean Music Award" des Berklee Mediterranean Music Institute, 2021 den Womex Artist Award "für ihr langjähriges Engagement für den Erhalt der und ihre Innovation innerhalb der kurdischen und alevitischen Kultur, für die Aufrechterhaltung höchster künstlerischer Integrität angesichts des politischen Drucks und dafür, dass sie damit ein Vorbild für alle ist, die gegen das Schweigen singen: Aynur Doğan ist eine sehr würdige Empfängerin des WOMEX 21 Artist Award" heißt es in der Begründung der Jury.
Der Filmemacher Fatih Akın porträtiert sie in seinem Film „Crossing The Bridge”. Sie erscheint in einer unvergesslichen Szene in Morgan Nevilles Dokumentarfilm über Yo-Yo Ma. Letzterer sagt über sie: „Aynur zu hören, bedeutet, die Transformation aller Schichten menschlicher Freude und menschlichen Leids in einen einzigen Klang. Sie dringt so tief in unsere Seele ein, zerreißt unsere Herzen, und dann sind wir für einen Moment wie eins. Das ist unvergesslich“. Und Javier Limòn findet, „sie ist ein Grund, Live-Musik seit Jahrhunderten zu lieben“.
Aynurs achtes Album „Rabe“ verknüpft viele Stränge ihrer mehr als 20jährigen Karriere. Mit Liebeslyrik, Spiritualität und unbeugsamem Freiheitswillen zeigt das Album eine gereifte Künstlerin, die sich als die größte kurdische Stimme im 21. Jahrhundert behauptet.