In the organizer's words:
In seiner Oper über den buckligen Hofnarren trieb Verdi die Spannung zwischen den Unwahrscheinlichkeiten der Handlung und der emotionalen Überwältigungskraft des Musiktheaters auf die Spitze. Jan Bosse erzählt in seiner Inszenierung die Tragödie eines Menschen, der daran scheitert, privates Leben und öffentliches Handeln zu trennen … Dirigent: Michele Spotti / Friedrich Praetorius / Giulio Cilona; Regie: Jan Bosse; Mit Andrei Danilov, Etienne Dupuis / Juan Jesús Rodríguez, Brenda Rae / Hye-Young Moon, Geon Kim, Patrick Guetti / Tobias Kehrer, Stephanie Wake-Edwards / Lindsay Ammann u. a.
Zum Stück„Bezogen auf den Theatereffekt erscheint mir der RIGOLETTO als das beste Sujet, das ich bisher in Musik gesetzt habe […]. Dort gibt es Situationen von großer Kraft, Abwechslungsreichtum, Temperament, Pathos.“ [Verdi an Antonio Somma, 22. April 1853]
Mit der Beschreibung der Qualitäten seines 1851 uraufgeführten Melodramma nach Victor Hugos Erfolgsstück „Le roi s’amuse“ benennt Verdi zugleich die Herausforderungen, denen sich jede Produktion dieser Oper stellen muss: RIGOLETTO ist ein Meisterwerk, dessen Besonderheit in der Konfrontation psychologischer Charakterzeichnung mit den Unwahrscheinlichkeiten einer fantastischen Handlung liegt.
Wie ein romantischer Schauerroman klingt diese Geschichte: Als Narr im Dienste des Herzogs von Mantua ist der missgestaltete Rigoletto zum Hassobjekt aller Höflinge geworden. Unterschiedslos verspottet er alle, die sein Herr – ein berüchtigter Schürzenjäger – ins Elend gerissen hat. Doch zugleich hat er Angst davor, dass seiner Tochter Gilda ein ähnliches Schicksal drohen könnte und hält sie deshalb versteckt. Doch muss Rigoletto erleben, dass sein Versuch, inmitten einer von Willkür und Gewalt beherrschten Umgebung seine private heile Welt zu bewahren, zum Scheitern verurteilt ist: Auch Gilda wird vom Herzog verführt und geht für ihn sogar in den Tod.
Ihre emotionale Glaubwürdigkeit gewinnt die Geschichte durch Verdis Musik. Durch sie wird RIGOLETTO zu einer Tragödie, die sich aus dem Aufeinandertreffen dreier völlig verschiedener Menschen ergibt: Der Herzog, der zwar einerseits ein Wüstling ist, dem Verdi jedoch so verführerische Musik geschrieben hat, dass nicht nur Gilda, sondern auch das Publikum regelmäßig seinem Charme erliegt; Rigoletto, der einer jener typischen Verdi-Menschen ist, die die Fähigkeit zum Guten wie zum Bösen in sich bergen; und schließlich Gilda, die in strahlender Reinheit die Prinzipien von Unschuld und Mitleid verkörpert. Man glaubt in RIGOLETTO vor allem diesen Menschen und begreift durch sie selbst die aberwitzigsten Zufälle der Opernhandlung als unentrinnbares Schicksal.
Zur InszenierungDieses Spiel mit den Wirkungskräften des Musiktheaters interessierte auch Jan Bosse bei seiner ersten Berliner Opernarbeit. In seiner Version des Verdi-Klassikers macht Jan Bosse den Zuschauerraum der Deutschen Oper zum Herzogshof von Mantua und die Unterbühne zum Versteck, in dem der Hofnarr Rigoletto seine Tochter Gilda vor allen Menschen verborgen hält. Doch Rigolettos Versuch, den Dienst in einem korrupten Regime von seinem heilen Privatleben zu trennen, ist zum Scheitern verurteilt und seine Welt zerfällt im Laufe des Geschehens immer mehr in ihre Bestandteile: Und am Ende, wenn Rigoletto den Tod seiner Tochter und das Scheitern all seiner Pläne erleben muss, bleibt um ihn herum buchstäblich nur das Nichts.