„(un)erhört“
Sofia Gubaidulina
Märchenpoem
Johann Nepomuk Hummel
Konzert für Trompete und Orchester Es-Dur S 49
Franz Schubert
Sinfonie Nr. 8 C-Dur D 944 „Die Große“
Ein Stück Kreide verzweifelt, schreibt man mit ihm in der Schule doch bloß langweilige Aufgaben. Achtlos weggeworfen und in tiefer Finsternis glaubt es, gestorben zu sein – dabei stellt die sich als Hosentasche eines Kinds heraus. Bald malt es mit der Kreide die schönsten Bilder auf den Asphalt. In euphorischer Freude bemerkt die dabei nicht, wie sie immer kleiner wird und schließlich aufhört zu sein. Die jüngst verstorbene Schostakowitsch-Schülerin Sofia Gubaidulina erinnerte diese Geschichte so sehr an ein Künstler*innenschicksal, dass sie sie in ihrem Märchenpoem vertonte. Wie ihr Lehrer wurde sie zeitweise vom sowjetischen Regime verfolgt und mit Aufführungsverbot belegt. Heute zählt sie zu den bedeutendsten Komponist*innen ihrer Generation.
Um 1800 sorgte die Klappentrompete für großes Aufsehen. Anders als ihre Vorgängerinnen konnte sie erstmals Töne außerhalb der Naturtonreihe spielen. Zu den Stücken, die sich ihrer ungekannten Möglichkeiten reichhaltig bedienten, zählt Johann Nepomuk Hummels 1804 uraufgeführtes Trompetenkonzert. Virtuos präsentiert der Solopart ihr neues Klangspektrum in zuvor nicht spielbaren Kantilenen, Figurationen und Trillern. Zugleich klingen Allusionen auf bekannte Werke wie Mozarts Klavierkonzert Nr. 21 und seine „Haffner“-Sinfonie an. Als Interpret stellt Mátyás Regyep, seines Zeichens Solotrompeter des Philharmonischen Orchesters Hagen, seine Virtuosität brillant unter Beweis. Beinahe wäre ein Schlüsselwerk der Romantik in der Schublade verstaubt: 1826 übergab Franz Schubert das Manuskript seiner letzten Sinfonie an die Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Zu seinen Lebzeiten erklang sie nie – zu neuartig und anspruchsvoll erschien sie. Als Robert Schumann 1839 auf das Werk stieß, sandte er es begeistert an Felix Mendelssohn Bartholdy, der es alsbald zur umjubelten Uraufführung brachte. Anstelle der dramatischen Sinfonik Beethovens, die auf Ökonomie und Stringenz setzt, entwarf Schubert in der „Großen C-Dur“ ein episches Gattungsmodell, das dem musikalischen Material mit seiner „harmonisch-melodischen Weitläufigkeit“ (Hans-Joachim Hinrichsen) durch Rückbezüge, Verweilen und Abschweifungen vollen Raum zur Entfaltung zugesteht. Franz Schubert lässt uns Zeit zum Schwärmen – und bereitet zugleich den Weg für Nachfolger*innen wie Gustav Mahler und Dmitri Schostakowitsch.