„Aus der ‚neuen‘ Welt“
William Grant Still
Sinfonie Nr. 1 As-Dur „Afro-Amerikanische“
Florence Price
Klavierkonzert in einem Satz d-Moll
Antonín Dvořák
Sinfonie Nr. 9 e-Moll op. 95 „Aus der neuen Welt“
Einem durch und durch amerikanischen Programm widmet sich das sechste Sinfoniekonzert „Aus der ‚neuen‘ Welt“; eine Welt, die bekanntermaßen gar nicht so neu war – schließlich war der Doppelkontinent auch vor dem Eintreffen der europäischen Kolonialmächte alles andere als unbewohnt.
Den Anfang macht William Grant Stills sinfonischer Erstling aus dem Jahr 1930. Doch war es nicht nur seine erste Sinfonie – sondern 1931 auch die erste Sinfonie einer afroamerikanischen Person, die jemals von einem bedeutenden Orchester in den USA öffentlich aufgeführt wurde. Das Werk besticht durch seine Nähe zum Blues in Melodik und Harmonik, während es im Aufbau der klassischen Form treu bleibt. Rhythmisch ist der Einfluss afro-amerikanischer Musik aus der Entstehungszeit unüberhörbar.
Florence Price gilt heute als eine der bedeutendsten Schwarzen Komponistinnen der Musikgeschichte. Die e-Moll-Sinfonie der USAmerikanerin erlebte 1933 ihre erfolgreiche Uraufführung durch Frederick Stock und das Chicago Symphony Orchestra. Auf Anregung des Dirigenten schrieb sie ihr Klavierkonzert in einem Satz und hob es im folgenden Jahr mit dem Orchester als Solistin aus der Taufe. Starke Stimmungswechsel prägen das konzise Werk, und Einflüsse Schwarzer Musik klingen allenthalben an, seien es Spirituals, der auf Sklavenplantagen entstandene Tanz Juba oder der durch Scott Joplin zur Blüte gebrachte Ragtime. Als Solistin präsentiert sich die aufstrebende junge Pianistin Marie Sophie Hauzel.
US-Amerikaner war der Tscheche Antonín Dvořák nicht. Doch seine wohl bekannteste Sinfonie entstand, wie der Beiname schon verrät, in der sogenannten Neuen Welt. Als der Böhme 1892 sein Amt als Direktor des National Conservatory of Music of America in New York antrat, erhoffte man sich von ihm nicht weniger als die Schöpfung einer eigenen US-amerikanischen Nationalmusik. In diesem Geiste verlieh er seiner zwischen Dezember 1892 und Mai 1893 entstandenen neunten Sinfonie „eindeutig amerikanische Charakteristika“, so der Komponist. Inspiration zog er aus der Musik der amerikanischen Ureinwohner*innen und aus afro-amerikanischen Spirituals. Diese verband er mit seiner unverkennbar böhmischen Tonsprache. Als eines der populärsten Werke der klassischen Musik zählen die ohrwurmverdächtigen Melodien längst zum popkulturellen Allgemeingut und inspirierten so unterschiedliche Künstler*innen wie John Williams (Der weiße Hai) oder Serge Gainsbourg („Initials B.B.“).