Das sagt der/die Veranstalter:in:
KVOST präsentiert Privacy Settings, die erste Einzelausstellung der polnischen Künstlerin Aneta Grzeszykowska in Berlin. Die Ausstellung ist eine Zusammenarbeit mit der Art Collection Telekom, der Kunstsammlung der Deutschen Telekom, die seit 15 Jahren eine Sammlung von Kunst aus Zentral-, Ost- und Südosteuropa aufbaut.
Ausgangspunkt der Werke von Aneta Grzeszykowska ist die Konstruktion, Wandelbarkeit und Fraglichkeit der eigenen ‚Identität‘. Sie spielt mit An- und Abwesenheit, Fragmentierung, Oberflächlichkeit, dem äußeren Abbild von sich selbst und der inneren Wahrnehmung des eigenen Selbst, das sich beständig wandelt.
Privacy Settings verhandelt die Wechselwirkungen zwischen Intimität und Öffentlichkeit, Original und Kopie, Selbst- und Fremdbild. Die Ausstellung lädt dazu ein, über unsere eigenen ‚Privatsphäre-Einstellungen‘ in der medialen Realität nachzudenken. Sie bietet einen Einblick in verschiedene Werkgruppen von den 2000er Jahren bis heute, die sich an der Schnittstelle von Fotografie, Film, Skulptur und Performance bewegen und Fragen der Identität, der Sichtbarkeit und der Konstruktion des Selbst aufwerfen.
Das Verhältnis zwischen Körper, Oberfläche, Haut und Maske, zwischen dem natürlichen und dem künstlichen Bild des Selbst beleuchten die Beauty Masks von 2017, in denen sich die Künstlerin in absurden, handelsüblichen Schönheitsmasken inszeniert. Sie thematisiert damit Rituale und Vorstellung von Schönheit und Selbstdarstellung, wie sie sich in den sozialen Medien als massenwirksame Normen etabliert haben.
In neueren Werkgruppen arbeitet Grzeszykowska, wie schon in der Serie Mama von 2018, mit Häuten. Schweinehaut und Leder werden zusammengenäht und zur Darstellung des Körpers, zu Masken, Gesichtern und Tierfiguren. Irritierende Assoziationen an einen verwundeten, geschundenen und vernarbten Körper werden provoziert. Mary Shelley gab der Kreatur, die in ihrem Roman ‚Frankenstein‘ geschaffen wurde, keinen Namen. Sie sprach von ‚Kreatur, Unhold, Wesen, Dämon oder Monster‘. Ein von Menschen gemachtes Wesen, einem Golem ähnlich so sind diese Arbeiten von Grzeszykowksa und zitieren zugleich die erotisch fetischhafte Aufladung von Masken, Leder als einer zweiten Haut und Hülle des Körpers.
Negative Book von 2012–2013 spielt mit dem Konzept der Umkehrung von ‚Black and White‘. Fotografische Negative sind als endgültige Bilder präsentiert. Die Künstlerin hat ihr Gesicht, ihre Haut und auch die ihrer Tochter schwarz geschminkt und in einer Echtzeitperformance den Alltag während einer Residency in Los Angeles fotografisch dokumentiert. Die Tochter ist auch Gegenstand der skulpturalen Serie Franciszka. Es handelt sich um weiße Puppen aus Filz, in denen die Künstlerin den Körper ihrer Tochter in der Zukunft darstellt. In Album (2022) nutzt die Künstlerin ihr Familienarchiv und entfernt die Tochter mit Photoshop aus den einzelnen Fotografien.
Die Serie Iranian Stills entstand 2015 während ihres Aufenthalts im Iran. Sie dokumentiert die Fremdheit der dort für Touristinnen vorgeschriebenen Kleidung und vermittelt zugleich den Glamour der späten 1950er Jahre und die Aura einer Grace Kelly. Vergleichbares vermitteln die Selbstinszenierungen der Künstlerin in den Untitled Film Stills von 2006, die eine Aneignung und Dekonstruktion filmischer Ikonografie sind. Grzeszykowska inszenierte sich selbst in den Motiven der gleichnamigen Serie von Cindy Sherman von 1977–1980.
Aneta Grzeszykowska, 1974 in Warschau geboren, studierte Grafik an der Akademie der Bildenden Künste in Warschau. Ihre Werke sind in Sammlungen wie Guggenheim Museum in New York, Walker Art Museum in Minneapolis, San Francisco Museum of Modern Art, Centre Pompidou in Paris, Fotomuseum in Winterthur und Museum Folkwang in Essen vertreten. 2022 nahm sie an der 59. Venedig Biennale teil.