Wenn Babyjoy Musik macht, vertont sie Lebensgefühle. Keineswegs plakativ, ganz und gar ungezwungen, mehr zwischen den Zeilen, erstaunlich undogmatisch, aus der Situation heraus: »die Luft ist dick, der Raum ist warm, mein Herz ist kalt / wo willst du hin? Ich halt' dich fest, ich spür' kein' Halt«. Das emotionale Spannungsfeld, auf dem sich die Berlinerin textlich und musikalisch bewegt, ist zu breit, zu vielschichtig, zu komplex für Schwarz-Weiß-Darstellungen — in jeden Freudentaumel mischt sich eine traurig-kritische Note, selbst in Phasen umfassender Niedergeschlagenheit immer auch ein Funken Hoffnung. In Babyjoys Stücken verwachsen kristallklarer Blick und formlose Verträumtheit, lebensbejahende Melancholie und erdrückender Weltschmerz, Verletzlichkeit und Empowerment zu einem großen Ganzen — ungehemmt ehrlich, transparent und intim. Eine enorme Flexibilität beweist Babyjoy aber nicht allein im Wechselspiel zwischen den Gefühlslagen und in ihren lyrischen Auseinandersetzungen mit Zweisamkeit, Vertrauen und Verlust: ebenso leichtfüßig bewegt sie sich zwischen Sprachen, stilistischen Attitüden und Genregrenzen. Mit sanfter und ebenso rauer Stimme blüht sie gleichermaßen als Sängerin und Rapperin auf, flowt temporeich und setzt bedächtige Pausen, kontrolliert hier treibende Trap-Beats und dort entschleunigte Modern-Jazz-Kompositionen. Babyjoys Texte leben derweil von Multilingualität: zum Teil verknoten sich deutsch-, französischund englischsprachige Passagen sogar inmitten einzelnen Songs. Dass Babyjoy heute eine Suchende, ein Bühnenmensch, ja, eine Vollblutkünstlerin ist, überrascht mit Blick auf ihren Lebenslauf wenig. Als Tochter einer aus Paris stammenden Mutter und eines aus den USA stammenden Vaters — übrigens ein Berufsmusiker — wächst Joy mit französischem Pass in Berlin auf. Früh entwickelt sie ein Verständnis für die Musik, spielt Klavier, hört Jazz, Funk und amerikanischen HipHop. Spätestens im Jugendalter kennt sie die Hauptstadt wie ihre Westentasche, wird zwischen komplizierten Familienverhältnissen und ersten Schauspielerfahrungen früh zum Erwachsenwerden gezwungen, ist immer unterwegs und lernt den Exzess kennen. Als junge Frau tritt sie zuerst eine Jazz-Ausbildung an und besucht später eine Schauspielschule, figuriert erste Rollen vor der Kamera und startet parallel dazu ihre Karriere als öffentlich sichtbare Musikerin. Schon die erste Veröffentlichung »Traum« mischt im Juli 2019 die Berliner Rapszene auf, der Einstieg in die »Artists-to-Watch«-Listen deutscher Musikportale gelingt ohne lange Vorlaufzeit. 2020 erfährt Babyjoy durch die Single »Viele Leute gucken« — eine packende Aufarbeitung ihrer Erfahrungen als Schwarze Frau in einer Weißen Mehrheitsgesellschaft — ein neues Level an Aufmerksamkeit. Im Folgejahr erscheint mit »Troubadour« die Debüt-EP, 2022 folgt mit »Ophelia« der zweite größere Aufschlag und schärft Babyjoys Profil — beide Projekte entstehen in enger Zusammenarbeit mit Produzent KazOnDaBeat. Parallel dazu glänzt Joy als Schauspielerin und Synchronsprecherin. Da ihr musikalischer Aufstieg großteils während der Corona-Pandemie passierte, kann sie ihre Bühnenfertigkeiten erst im Sommer 2022 ausladend unter Beweis stellen — sie tritt unter anderem auf dem splash!-Festival und im WDR-Format »Rap trifft Orchester« auf. Nach Features mit Monk (BHZ), Ahzumjot, Badchieff und ihrem leiblichen Bruder Dead Dawg (BHZ) steht im Frühjahr 2024 endlich Babyjoys erstes Album ins Haus.