Im Zentrum der Ausstellung Olho da Rua [Out Loud] steht der gleichnamige Film des brasilianischen Künstlers Jonathas de Andrade. Für diesen hat de Andrade eine temporäre Gemeinschaft von Obdachlosen porträtiert, die im Stadtzentrum von Recife leben. Sie wurden von ihm eingeladen, an einer Reihe von Übungen teilzunehmen, für die sich der Künstler vom Theater der Unterdrückten inspirieren ließ, das in den 1970er Jahren von dem brasilianischen Theoretiker und Aktivisten Augusto Boal entwickelt wurde. Das Theater der Unterdrückten konzentriert sich auf das politische Potenzial der Teilnehmer:innen sowie darauf, deren Leben durch aktive Beobachtung, kollektives Brainstorming und ungeschriebenen Ausdruck neu zu gestalten und zu verändern.
Anknüpfend an die künstlerische Arbeit de Andrades wird der Theaterwissenschaftler Bernd Ruping in einem Vortrag mit anschließendem Diskurs im Rahmen der Ausstellung Olho da Rua [Out Loud] einen tieferen Einblick in das ästhetisch-performative Format der Arbeit geben. Als Professor für Darstellende Kommunikation und Theaterpädagogik am Standort Lingen der Hochschule für Osnabrück ist Ruping seit über 30 Jahren ein Experte für das Theater der Unterdrückten. So geht es ihm auch in seiner Praxis darum, eine Form von Lehren und Lernen zu etablieren, die die Komplexität von Wirklichkeit nicht spektakularisiert, sondern aus der Begegnung mit den Menschen vor Ort, egal welchen Alters oder welcher Provenienz, Gestaltungsformen entwickelt.