Gespräche, Vorträge, Lesungen, Musik, Screening
Safi Faye Saal
In verschiedenen Sprachen mit Simultanübersetzung ins Deutsche, Englische und Französische
Am Ende des Jahrhunderts der Nationalismen in Europa und auf dem Höhepunkt der imperialen Expansion berief der Kanzler des Deutschen Reichs, Otto von Bismarck, 1884 in Berlin eine Konferenz ein, um die Aufteilung des afrikanischen Kontinents unter den industriellen und militärischen Mächten der Zeit zu organisieren. An der bis 1885 andauernden sogenannten Berliner Konferenz nahmen vierzehn europäische Länder, die Vereinigten Staaten und das Osmanische Reich teil. Ihr Hauptziel bestand darin, ihre extraktivistischen und kommerziellen Interessen zu sichern. Die Folge war eine tiefgreifende Zerstückelung der ursprünglichen politischen Strukturen Afrikas, die seine politische, wirtschaftliche und soziale Geschichte nachhaltig prägte.
Für Afrikaner*innen markierte dies den Beginn einer Ära des Widerstands und des Kampfs für ihre Selbstbestimmungsrechte. Die koloniale Durchdringung war durch ihre technologische und militärische Unterlegenheit möglich geworden. Doch die Feuerkraft der Kolonialmächte sicherte keineswegs die auf dem Papier vollzogene Aufteilung. Weder die militärische Kontrolle über die riesige Weltregion noch die kulturelle und spirituelle Unterwerfung ihrer Bevölkerungen waren garantiert.
140 Jahre nach diesem übermächtigen Ereignis erscheint es dringend notwendig, den Komplex kolonialer Aneignung zu entflechten, seine Nachwirkungen zu identifizieren und sein epistemologisches Erbe zu tilgen. Das Projekt Deberlinisierung tut das an dem symbolträchtigen Ort, an dem dieser Komplex seinen Ursprung hat – in Berlin –, mit Aktivist*innen und Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Bereichen: aus den bildenden und darstellenden Künsten, Film, Musik, Architektur, Literatur, Wirtschaft, Geistes- und Sozialwissenschaften sowie politischer Theorie.
Bereits vor einem Vierteljahrhundert entwarf Mansour Ciss Kanakassy, ein in Berliner lebender Künstler afrikanischer Herkunft, eine originelle Möglichkeit, dem Dilemma zu entkommen, das durch die Berliner Konferenz geschaffen wurde: Er gründete das Laboratoire de Déberlinisation (Deberlinisierungslabor). Im Laufe der Zeit entwickelte er Werkzeuge und Wege zur Emanzipation, indem er die Realität fiktionalisierte. Mansour Ciss Kanakassys Notfallkoffer umfasst unter anderem einen Global Pass, der die Bewegungsfreiheit in einer Welt erleichtert, die durch die Zwänge von Aufenthaltstiteln bestimmt wird, sowie den AFRO, eine Währung, die von Wechselkursgarantien und der Aufsicht durch Zentralbanken befreit ist. An der Schnittstelle zwischen künstlerischer Schöpfung und sozialer Kritik entsteht so eine Plattform der Reflexion über die Möglichkeiten von Neuerzählungen gesellschaftlicher Verbindungen innerhalb und außerhalb des postkolonialen Staates, in einer chaotischen Welt.
Deberlinisierung schreibt diese performative Utopie fort, um die Bedingungen für alternative Erzählungen der Weltordnung und ihrer Zukunft zu überdenken – in einer transformativen Poetik der Beziehung zwischen kreativem und widerständigem Handeln, zwischen Geschichte, Erinnerung und Zukunft. Sie schafft zugleich Erfahrungsräume und Erwartungshorizonte.
Ibou Coulibaly Diop und Franck Hermann Ekra, Ko-Kuratoren von Deberlinisierung
Mit: Yousra Abourabi, Didier Awadi, Memory Biwa, Seloua Luste Boulbina, Simukai Chigudu, Mansour Ciss Kanakassy, Daniele Daude, Nikita Dhawan, Mamadou Diouf, Soeuf Elbadawi, Christine Eyene, Tiken Jah Fakoly, N’Goné Fall, Julia Grosse, Maguèye Kassé, Maame A.S. Mensa-Bonsu, Célestin Monga, Simon Njami, Ladan Osman, Raphaëlle Red, Mahamadou Lamine Sagna, Djelifily Sako, Alioune Sall Paloma, Maboula Soumahoro, Ẹniọlá Ànúolúwapọ́ Ṣóyẹmí, Hildegard Titus, Abdourahman Waberi, Hyam Yared, Abdenour Zahzah
Teil von heimaten, gefördert durch Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages
Programmübersicht
Fr., 25.4.2025
14:00
Grußworte
von Bonaventure Soh Bejeng Ndikung
14:20
Deberlinisierung: Musik
mit Daniele Daude & The String Archestra
14:45
Vorstellung des Programms
mit den Ko-Kuratoren Ibou Coulibaly Diop und Franck Hermann Ekra
15:00
Keynote von Mamadou Diouf
16:15
Deberlinisierung: Poesie
mit Ladan Osman
16:45
Quand, quoi, comment et pourquoi? (Wann, was, wie und warum?)
Gespräch von Mansour Ciss Kanakassy mit Maguèye Kassé, begleitet von Djelifily Sako an der Kora
17:30
Deberlinisierung: ein kulturelles Projekt
Paneldiskussion mit Soeuf Elbadawi, Hildegard Titus und Abdourahman Waberi, moderiert von N’Goné Fall
Sa., 26.4.2025
11:00
Deberlinisierung: ein politisches Projekt
Paneldiskussion mit Yousra Abourabi, Simukai Chigudu, Maame A.S. Mensa-Bonsu und Ẹniọlá Ànúolúwapọ́ Ṣóyẹmí, moderiert von Alioune Sall Paloma
12:30
Deberlinisierung: Poesie
mit Hyam Yared
12:55
Deberlinisierung: ein ökonomisches Projekt
Keynote von Célestin Monga
15:30
Deberlinisierung: ein philosophisches Projekt
Paneldiskussion mit Seloua Luste Boulbina, Nikita Dhawan und Mahamadou Lamine Sagna, moderiert von Maboula Soumahoro
17:15
Deberlinisierung: Künste im Kontext
Paneldiskussion mit Memory Biwa, Julia Grosse, Simon Njami und Abdenour Zahzah, moderiert von Christine Eyene
So., 27.4.2025
12:30
Round Table
mit Vertreter*innen von Afrika-Rat – Dachverband afrikanischer Vereine und Initiativen Berlin-Brandenburg und Decolonize Berlin
15:00
Deberlinisierung: Les Afrique(s) hors d’Afrique (Afrika[s] außerhalb von Afrika)
Lesung von Raphaëlle Red
15:30
Raphaëlle Red im Gespräch mit Fogha Mc Cornilius Refem
16:20
L’argent, la liberté, une histoire du franc CFA (Das Geld, die Freiheit, eine Geschichte des CFA-Franc)
von Katy Lena Ndiaye, Filmvorführung
18:10
Musikalische Intervention
von Didier Awadi
Preisinformation:
Konferenzticket pro Tag: €5 Konferenzpass (Package) für alle drei Tage: €10,50 (berechtigt auch zum Kauf eines ermäßigten Tickets für das Konzert von Tiken Jah Fakoly)