FOTO: © Mansour Ciss Kanakassy, Fabrique du Futur (2024). Courtesy Mansour Ciss Kanakassy. Installationsansicht der Ausstellung Forgive Us Our Trespasses / Vergib uns unsere Schuld, Haus der Kulturen der Welt (HKW), 2024. Foto: Hannes Wiedemann/HKW

Deberlinisierung - Die Welt neu erzählen, eine Theorie der Praxis

Das sagt der/die Veranstalter:in:

Gespräche, Vorträge, Lesungen, Musik, Screening

Safi Faye Saal
In verschiedenen Sprachen mit Simultanübersetzung ins Deutsche, Englische und Französische

Am Ende des Jahrhunderts der Nationalismen in Europa und auf dem Höhepunkt der imperialen Expansion berief der Kanzler des Deutschen Reichs, Otto von Bismarck, 1884 in Berlin eine Konferenz ein, um die Aufteilung des afrikanischen Kontinents unter den industriellen und militärischen Mächten der Zeit zu organisieren. An der bis 1885 andauernden sogenannten Berliner Konferenz nahmen vierzehn europäische Länder, die Vereinigten Staaten und das Osmanische Reich teil. Ihr Hauptziel bestand darin, ihre extraktivistischen und kommerziellen Interessen zu sichern. Die Folge war eine tiefgreifende Zerstückelung der ursprünglichen politischen Strukturen Afrikas, die seine politische, wirtschaftliche und soziale Geschichte nachhaltig prägte.

Für Afrikaner*innen markierte dies den Beginn einer Ära des Widerstands und des Kampfs für ihre Selbstbestimmungsrechte. Die koloniale Durchdringung war durch ihre technologische und militärische Unterlegenheit möglich geworden. Doch die Feuerkraft der Kolonialmächte sicherte keineswegs die auf dem Papier vollzogene Aufteilung. Weder die militärische Kontrolle über die riesige Weltregion noch die kulturelle und spirituelle Unterwerfung ihrer Bevölkerungen waren garantiert.

140 Jahre nach diesem übermächtigen Ereignis erscheint es dringend notwendig, den Komplex kolonialer Aneignung zu entflechten, seine Nachwirkungen zu identifizieren und sein epistemologisches Erbe zu tilgen. Das Projekt Deberlinisierung tut das an dem symbolträchtigen Ort, an dem dieser Komplex seinen Ursprung hat – in Berlin –, mit Aktivist*innen und Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Bereichen: aus den bildenden und darstellenden Künsten, Film, Musik, Architektur, Literatur, Wirtschaft, Geistes- und Sozialwissenschaften sowie politischer Theorie.

Bereits vor einem Vierteljahrhundert entwarf Mansour Ciss Kanakassy, ein in Berliner lebender Künstler afrikanischer Herkunft, eine originelle Möglichkeit, dem Dilemma zu entkommen, das durch die Berliner Konferenz geschaffen wurde: Er gründete das Laboratoire de Déberlinisation (Deberlinisierungslabor). Im Laufe der Zeit entwickelte er Werkzeuge und Wege zur Emanzipation, indem er die Realität fiktionalisierte. Mansour Ciss Kanakassys Notfallkoffer umfasst unter anderem einen Global Pass, der die Bewegungsfreiheit in einer Welt erleichtert, die durch die Zwänge von Aufenthaltstiteln bestimmt wird, sowie den AFRO, eine Währung, die von Wechselkursgarantien und der Aufsicht durch Zentralbanken befreit ist. An der Schnittstelle zwischen künstlerischer Schöpfung und sozialer Kritik entsteht so eine Plattform der Reflexion über die Möglichkeiten von Neuerzählungen gesellschaftlicher Verbindungen innerhalb und außerhalb des postkolonialen Staates, in einer chaotischen Welt.

Deberlinisierung schreibt diese performative Utopie fort, um die Bedingungen für alternative Erzählungen der Weltordnung und ihrer Zukunft zu überdenken – in einer transformativen Poetik der Beziehung zwischen kreativem und widerständigem Handeln, zwischen Geschichte, Erinnerung und Zukunft. Sie schafft zugleich Erfahrungsräume und Erwartungshorizonte.

Ibou Coulibaly Diop und Franck Hermann Ekra, Ko-Kuratoren von Deberlinisierung

Zum kuratorischen Statement

Mit: Yousra Abourabi, Didier Awadi, Memory Biwa, Seloua Luste Boulbina, Simukai Chigudu, Mansour Ciss Kanakassy, Daniele Daude, Nikita Dhawan, Mamadou Diouf, Soeuf Elbadawi, Christine Eyene, Tiken Jah Fakoly, N’Goné Fall, Julia Grosse, Maguèye Kassé, Maame A.S. Mensa-Bonsu, Célestin Monga, Simon Njami, Ladan Osman, Raphaëlle Red, Mahamadou Lamine Sagna, Djelifily Sako, Alioune Sall Paloma, Maboula Soumahoro, Ẹniọlá Ànúolúwapọ́ Ṣóyẹmí, Hildegard Titus, Abdourahman Waberi, Hyam Yared, Abdenour Zahzah

Teil von heimaten, gefördert durch Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages
 

Programmübersicht

Fr., 25.4.2025
14:00
Grußworte
von Bonaventure Soh Bejeng Ndikung

14:20
Deberlinisierung: Musik
mit Daniele Daude & The String Archestra

14:45
Vorstellung des Programms
mit den Ko-Kuratoren Ibou Coulibaly Diop und Franck Hermann Ekra

15:00
Keynote von Mamadou Diouf

16:15
Deberlinisierung: Poesie
mit Ladan Osman

16:45
Quand, quoi, comment et pourquoi? (Wann, was, wie und warum?)
Gespräch von Mansour Ciss Kanakassy mit Maguèye Kassé, begleitet von Djelifily Sako an der Kora

17:30
Deberlinisierung: ein kulturelles Projekt
Paneldiskussion mit Soeuf Elbadawi, Hildegard Titus und Abdourahman Waberi, moderiert von N’Goné Fall


Sa., 26.4.2025
11:00
Deberlinisierung: ein politisches Projekt
Paneldiskussion mit Yousra Abourabi, Simukai Chigudu, Maame A.S. Mensa-Bonsu und Ẹniọlá Ànúolúwapọ́ Ṣóyẹmí, moderiert von Alioune Sall Paloma

12:30
Deberlinisierung: Poesie
mit Hyam Yared

12:55
Deberlinisierung: ein ökonomisches Projekt
Keynote von Célestin Monga

15:30
Deberlinisierung: ein philosophisches Projekt
Paneldiskussion mit Seloua Luste Boulbina, Nikita Dhawan und Mahamadou Lamine Sagna, moderiert von Maboula Soumahoro

17:15
Deberlinisierung: Künste im Kontext
Paneldiskussion mit Memory Biwa, Julia Grosse, Simon Njami und Abdenour Zahzah, moderiert von Christine Eyene
 

So., 27.4.2025
12:30
Round Table
mit Vertreter*innen von Afrika-Rat – Dachverband afrikanischer Vereine und Initiativen Berlin-Brandenburg und Decolonize Berlin

15:00
Deberlinisierung: Les Afrique(s) hors d’Afrique (Afrika[s] außerhalb von Afrika)
Lesung von Raphaëlle Red

15:30
Raphaëlle Red im Gespräch mit Fogha Mc Cornilius Refem

16:20
L’argent, la liberté, une histoire du franc CFA (Das Geld, die Freiheit, eine Geschichte des CFA-Franc)
von Katy Lena Ndiaye, Filmvorführung

18:10
Musikalische Intervention
von Didier Awadi

Preisinformation:

Konferenzticket pro Tag: €5 Konferenzpass (Package) für alle drei Tage: €10,50 (berechtigt auch zum Kauf eines ermäßigten Tickets für das Konzert von Tiken Jah Fakoly)

Location

Haus der Kulturen der Welt | HKW John-Foster-Dulles-Allee 10 10557 Berlin

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