Musiktheater von Péter Eötvös
Closeup – im Film bezeichnet dieser Begriff die Großaufnahme, die das Publikum hautnah ans Geschehen heranholt. Am Theater Hagen startet unter dem Titel closeUP! ein Format, das es möglich macht, Musiktheater aus einer ganz neuen Perspektive zu erleben. Das Publikum sitzt auf der Bühne und somit mitten im Geschehen. Péter Eötvös’ Der goldene Drache bildet den Auftakt dieser Reihe, die in den kommenden Spielzeiten fortgesetzt werden soll.
Was wäre, wenn ich jemand anderes sein könnte? Diese Frage steht im Zentrum von Roland Schimmelpfennigs Drama Der goldene Drache, das Péter Eötvös 2014 zu einem packenden Musiktheaterstück umarbeitete. Es erzählt von den Schicksalen derer, die zwischen die Fugen unserer gesellschaftlichen Raster fallen.
Ein junger Mann, „der Kleine“ genannt, arbeitet in der Küche eines Asia-Schnellrestaurants. Es ist eng, laut und heiß, aber noch mehr als sein unbequemer Arbeitsplatz macht dem Jungen sein schmerzender Zahn zu schaffen. An einen Zahnarztbesuch ist nicht zu denken, dafür reicht das Geld nicht aus. Kurzerhand muss der Zahn mit der Rohrzange gezogen werden, doch die Prozedur endet für den Kleinen tödlich. Péter Eötvös (1944–2024) gehört zu den meistgespielten zeitgenössischen Opernkomponist* innen. Der goldene Drache, von ihm als Musik-Theater bezeichnet, spielt mit den Mitteln des Schauspiels und der zeitgenössischen Oper, indem Szenen und Rollen blitzschnell gewechselt werden und sich Momente von eindringlichem Realismus neben Situationen von absurd-fantastischer Bildhaftigkeit gesellen. Die Inszenierung von Julia Huebner in der Ausstattung von Iris Holstein rückt das Publikum in die unmittelbare Nähe zur Bühne und eröffnet völlig neue Perspektiven auf das Geschehen.