»Was waren denn das für Menschen? Wovon sprachen sie? Wer wagte, ihn in seiner Wohnung zu überfallen?« Noch vor dem Frühstück stehen an seinem 30. Geburtstag zwei Herren in Joseph K.s Zimmer und erklären ihn für verhaftet. Mehr erklären sie nicht. Von welcher Behörde sie kommen und was ihm zur Last gelegt wird, bleibt schleierhaft. Die Herren nehmen ihn auch nicht mit, Joseph K. kann weiterhin seiner Arbeit nachgehen. Von seiner Unschuld überzeugt, führen ihn seine Versuche, bei Gericht vorzusprechen, in die verwinkelten Dachböden der Stadt. Joseph K. nimmt sich einen Anwalt, aber Aufklärung seines Falls oder eine sinnvolle Vorgehensweise sucht er vergeblich. Obwohl die Beschäftigung mit seinem Prozess Joseph K. allmählich ganz und gar vereinnahmt, schreitet dieser kaum voran − bis er eines Tages von seiner Verurteilung erfährt …
In sachlicher und präziser Sprache schafft der Autor Franz Kafka eine monströse Welt. Sicher geglaubte Regeln gelten nicht mehr, einen Ausweg gibt es nicht. Macht und Ohnmacht, Schuld und Scham werden im Laufe der Handlung zu den zentralen Themen dieses Alptraums. An seinem Roman »Der Prozess« schrieb Franz Kafka im Jahr 1914, fertiggestellt hat er ihn nie. Veröffentlicht wurde er erst 1925, nach Kafkas Tod. Seitdem wurde »Der Prozess« zu einem der bekanntesten Werke der Weltliteratur. Die Fantasien Franz Kafkas haben eine erschreckend existenzielle Kraft und wirken heute so frisch und zwingend wie vor 100 Jahren.