Veranstaltungsort: Zentralbibliothek im KAP 1, Konrad-Adenauer-Platz 1, 40210 Düsseldorf
Persönliche, politische und gesellschaftliche Entwicklungen entfalten sich in Maria Stoianovas Dokumentarfilm »Fragments of Ice«, der aus fünfzehn VHS-Kassetten aus den Jahren 1986 bis 1994 montiert wurde – Videotagebücher, die der Vater der Filmemacherin, ein Weltmeister im Eiskunstlauf, während seiner Auslandstourneen mit dem ukrainischen Ensemble »Ballet on Ice« sowie in seinem eigenen Zuhause aufgenommen hat.
Während das Publikum die Regisseurin Maria Stoianova beim Aufwachsen begleitet, wird es zugleich Zeuge des Zusammenbruchs der Sowjetunion, der Unabhängigkeitserklärung der Ukraine und ihres Übergangs zur Marktwirtschaft. Die glamourösen Aufnahmen aus dem Westen, die Stoianovas Vater auf seinen Reisen festhielt, stehen in starkem Kontrast zu den heimischen Bildern: abblätternde Wände, eingestürzte Decken und Kakerlaken in der Familienwohnung. »Fragments of Ice« fängt sowohl den großen historischen Bogen als auch dessen Auswirkungen auf das Leben einzelner Menschen ein – und endet mit einem erneuten Umbruch: dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Jahr 2022. »Das Ende der Geschichte hat nie stattgefunden«, sinniert Maria Stoianova. »Es ist eingefroren und holt uns erst Jahre später ein.«
Der Film zeigt zwei Seiten des Erwachsenwerdens: Einerseits die Sehnsucht nach einer idealisierten Welt – vielleicht auch Illusionen, denn was man aus der Ferne sieht, wirkt oft besonders verlockend. Doch bei näherem Hinsehen wird vieles komplexer und widersprüchlicher. Andererseits thematisiert der Film die postkoloniale Identität einer Nation – einer Gesellschaft, die ihre Unabhängigkeit erlangt und sich selbst zu verstehen und gegenüber anderen zu erklären versucht.
Im Anschluss laden wir Sie herzlich zu einer Diskussion mit Iryna Shum über die ukrainische Identität aus postkolonialer Perspektive ein. Dabei wird es auch um die inneren Prozesse in der Sowjetunion gehen, die zu ihrem Zerfall führten, sowie um die Wahrheit hinter dem glänzenden Bild, das die sowjetische Propaganda zeichnete.
Iryna Shum ist in Düsseldorf bekannt als Generalkonsulin der Ukraine (2021–2024). Seit Sommer 2024 ist sie stellvertretende Direktorin für Public Diplomacy und Kommunikation im Außenministerium der Ukraine.
Der ukrainisch-norwegische Film »Fragments of Ice« wurde 2024 auf mehreren internationalen Festivals gezeigt, darunter das Filmfest Hamburg und das Ukrainian Film Festival Berlin. Im April 2025 wird er auch beim renommierten Internationalen Filmfestival Nyon »Visions du Réel« zu sehen sein.
Der Film wird in der Originalfassung mit englischen Untertiteln gezeigt.
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe »Ukraine is here«.
Die Veranstaltungsreihe »Ukraine is here« ist eine Kooperation der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus, der Karl-Arnold-Stiftung und des Generalkonsulats der Ukraine in Düsseldorf und wird von der Europäischen Union kofinanziert. Weitere lokale Partner: Stadtbüchereien Düsseldorf, Ridne Slowo e.V., Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft Düsseldorf–Czernowitz e.V.