GRAUES WUNDER
Die gepiesackte Protagonistin stolperte in eine wenig märchenhafte, von Krieg überzogene Welt. Prokofjew, der Aschenputtel im Walzer rotieren ließ, hatte nach Jahren in den USA, Frankreich
und Deutschland seinen Lebensmittelpunkt 1936 wieder nach Russland verlegt und vollendete die Ballett-Partitur 1944 in Iwanowo, wo konforme Künstler sicher abgeschirmt ihr Schaffen
erschaffen konnten. Im November 1945 tanzten Tänzer des Bolschoi-Theaters die Premiere. Der Neutöner tat gut daran, seine gewitzten Klänge in malerische Märchenstoffe zu hüllen, und die
duldsame Arbeiterin Cinderella fügte sich sogar ideologischen Maximen. Prokofjew interessierte sich freilich mehr für die fantastischen Fantasiewesen der Elfen-Großmutter, der zwölf Zwerge,
vier Jahreszeiten-Feen und streitsüchtigen Stiefschwestern, die katzenklarinettisch stolzieren, flatterhafte Flöten aufscheuchen und fagottös zanken.
WUNDERJAHRE
100 Jahre jung ist das Klavierkonzert von Gershwin, der die Frucht des Sommers 1925 am 3. Dezember 1925 in der Carnegie Hall unter Leitung des Auftraggebers Walter Damrosch mit dem New York Symphony Orchestra selbst aus der Taufe hob. Kritiker kritisierten, das Stück sei weder gute klassische Musik noch guter Jazz. Freunde freute die ungenierte Freude, das Grelle und Plumpe, der Spaß und die Aufregung des Lebens im Hier und Heute.
WUNDERWERK
14 Charaktere aus dem Dort und Gestern Edward Elgars sind in dessen Variationen vereint und -ewigt, darunter Dichter und Jäger, Freundinnen und Förderer, Schauspieler und Bulldoggen, der
Künstler selbst und seine Frau. Während alles Tönende sich fortwährend wandelt, bleibt ein Bestandteil unverändert, nämlich stumm. Das Wunder der Wunder-Variationen besteht in einem verschwiegenen Grundthema. Am 19. Juni 1898 wurden die enigmatischen Portraits unter Hans Richter und großem Jubel in London uraufgeführt und mehrten maßgeblich Elgars internationalen Ruhm.