Für seinen ersten Roman »Der Fall Meursault – eine Gegendarstellung« gab Kamel Daoud dem namenlosen Araber aus »Der Fremde« von Albert Camus ein Gesicht. Das Buch wurde breit diskutiert und in 30 Sprachen übersetzt. In »Huris«, seinem neuen Roman, treffen wir auf die junge Algerierin Aube, die den Bürgerkrieg der 1990er Jahre selbst miterlebt hat, wie die Narbe an ihrem Hals verrät. Beim Überfall auf ihr Dorf hatten Islamisten versucht, ihr die Kehle durchzuschneiden, doch allein ihre Stimmbänder wurden erfasst. Nicht nur die fehlende Stimme bringt Aube nun zum Schweigen, sondern auch die staatlichen Gesetze, die verbieten, an den damaligen Bürgerkrieg zu erinnern. Einzig an die Tochter, die in ihrem Inneren heranwächst, kann Aube ihre Worte richten. Doch kann sie Leben schenken, wenn es ihr selbst fast entrissen wurde? Aube kehrt zurück in ihr Heimatdorf, wo alles begann, und sucht Antworten. Mit »Huris« gibt Kamel Daoud algerischen Frauen das Wort und stellt sich gegen das noch immer verordnete Vergessen des Bürgerkriegs und seiner Schrecken; ins Deutsche übersetzt von Holger Fock und Sabine Müller. Kamel Daoud lebt seit Sommer 2023 im Exil in Frankreich – seine Heimat Algerien musste er verlassen.
In Kooperation mit dem Institut français