FOTO: © Jean Veber, Walpurgisnacht, um 1900, Foto: Kunsthalle Bremen - Der Kunstverein in Bremen

Jenseits der Mitte. Skizzen am Rande

Das sagt der/die Veranstalter:in:

Die Kombination aus einem Stift und einem weißen, noch unbezeichneten Blatt übt seit jeher eine große Faszination auf den Menschen aus. So geht es auch Künstler*innen, die mit den jungfräulichen Rändern ihrer Druckplatten konfrontiert werden. Gerade die sonst blanken Ränder bieten Kunstschaffenden einen Raum der Möglichkeiten zur Entfaltung und Erprobung spontaner Ideen. An diesen sonst unscheinbaren Rändern eröffnen sich künstlerische Spielräume für ein breites Spektrum kurioser Motive: Hier jagt eine Herde Wildpferde über das Papier, dort verfolgt ein Obelisk einen Pierrot-Clown oder begleitet eine Katze eine Schlittenfahrt. Durch die Kuriosität dieser humorvollen Szenerien wird der Blick der Betrachtenden vom eigentlichen Hauptbild abgelenkt und driftet zusehends in die Randgebiete des Blattes ab, wo die Skurrilität der künstlerischen Einfälle das Auge zum Verweilen verlockt. Die Peripherie des Blattes wird durch die reizvollen Skizzen von einer Neben- zu einer Hauptsache. Der sonst so triviale Bildrand wird aufgewertet und gerät ins Rampenlicht.

Diese Randskizzen haben aber noch einen ganz anderen, technischen Hintergrund. Insbesondere ab dem 18. Jahrhundert wurden sie dazu verwendet Probedrucke zu kennzeichnen, d.h. Abzüge, die der Künstler eigentlich zum privaten Gebrauch anfertigte, um sich dem Zustand seines Motivs zu versichern bevor dieses vom Verleger für größere Auflagendrucke in Umlauf gebracht wurde. Diese mit sogenannten Randeinfällen (franz. remarques) versehenen Probedrucke stellen eine Art Limited Edition dar, die insbesondere Sammler seltener Druckgraphiken angesprochen haben dürfte. Bis heute zählen sie zu den besonders begehrten Sammlerstücken, da sie in viel kleinerer Zahl gedruckt wurden als die für die breitere Masse bestimmten Großauflagen. So markieren die oftmals humorvollen Randfigürchen gleichzeitig die Seltenheit dieser Drucke.

Die Kunsthalle Bremen widmet diesem reizvollen künstlerischen Phänomen der Randeinfälle in der Druckgraphik nun die weltweit erste Ausstellung. Anhand von über 100 Werken des Kupferstichkabinetts wird den Besucher*innen die Entwicklung dieses Phänomens von ihren Ursprüngen in der barocken Radierung bis zu ihren Ausläufern in der Lithographie des 20. Jahrhunderts anschaulich vermittelt. Die Ausstellung stellt eine Vielzahl bedeutender Werke des Kupferstichkabinetts von Künstler*innen wie Stefano della Bella, Claude Lorrain, Eugène Delacroix, Édouard Manet, Edvard Munch, Käthe Kollwitz, Georges Braque und Pierre Alechinsky ins Zentrum.

Begleitend zur Ausstellung erscheint ein Katalog, der die erste wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte des Randeinfalls in der Druckgraphik bietet.

Preisinformation:

Erwachsene: 10 € | ermäßigt: 5 €

Location

Kunsthalle Bremen Am Wall 207 28195 Bremen

Organizer | Sonstiges

Kunsthalle Bremen
Kunsthalle Bremen Am Wall 207 28195 Bremen