Die neuen Kind-Kaputt-Songs erweisen sich mit ihrer unmissverständlichen Sprache als Musik mit sinnbildlicher Kante, an der man sich festklammern kann. In den Tracks steckt der pulsierende Duktus der deutschen Post-Punk-Schule, aber sucht in diesem nicht die zermarternde Selbstzerstörung, sondern das Streben nach Durchblick im Nebel der Gefühle. Kind Kaputt finden im Feuer der rotierenden Bass- und Gitarrenriffs und des unbarmherzig nach vorne preschenden Schlagzeugs dabei immer die rettende Melodie oder den offenarmigen Alternative-Hymnus, der die Songs nicht nur verständlich, sondern auch einladend macht. Dass die Band dabei in manchem Element an die späten Heisskalt erinnert, dürfte kaum ein Zufall sein – schließlich ist deren Sänger Mathias Bloech auf vielen der Tracks als Produzent tätig gewesen und hat sich mit der Band an ein paar brühend heißen Sommertagen zum Aufnehmen eingeschlossen. Der Ansatz der so entstehenden Einzelstücke spielt auch Bandmitglied Fabian Willi Simon in die Karten, der bei Kind Kaputt einzig für die visuelle Inszenierung zuständig ist und der zu jedem der neuen Songs ein unverwechselbares Video entworfen hat. Die mannigfaltige Bandbreite dieser Clips unterstreicht deutlich, wie sehr Kind Kaputt durch ihre Arbeitsweise auch die Einzigartigkeit einzelner Kunstwerke noch viel tiefer ausarbeiten können. So wird der Song „Gründe“ durch ein verschachteltes Performance- Video begleitet, „Bleiben“ mit Heisskalt-Frontmann Mathias Bloech übersetzt die Blumen-Metapher des Textes in das sehr bildliche Szenario eines Gewächshauses und die weitläufigen Aufnahmen zu „Zeit“ sind sogar komplett im Microsoft Flight Simulator entstanden. Es spricht für die Weitsicht von Kind Kaputt, dass ihre neuen Songs trotz ihrer herausdestillierten Schärfe nicht den Blick fürs Wesentliche verlieren. Denn natürlich ist die Welt auch nach dem „Zerfall“ nicht plötzlich in Ordnung, vielleicht ist sie sogar schlimmer denn je. Aber womöglich wirkt kluge Reflektion manchmal stärker als Selbstzerstörung. Diese Musik braucht es gerade – besonders dann, wenn die Realität um sie herum noch so viel ruheloser erscheint.