Aus Serbien und Kroatien stammen die beiden Choreographinnen, die in diesem zeitgenössischen Märchenabend ihren individuellen Blick auf die eigene Heimat und bedeutende Tanzgeschichte werfen.
Im ersten Stück rückt Maša Kolar eine Personengruppe ins Zentrum, die es im Märchen, besonders im Tanz, dorthin eher selten schafft und wenn, dann eher als böse Randfigur oder sich kaum tänzerisch bewegend: die Großmütter. Sie sind treibende Kraft einer Gemeinschaft, ziehen Kinder groß, halten Haus und Hof am Laufen und ein Dorf zusammen und das historisch gesehen meist unter widrigen Verhältnissen. Aus den Lebensgeschichten der (kroatischen) Großmütter, bei denen Tragik und Lebensfreude häufig eng beieinander liegen, entwickelt Kolar mit den Tänzer:innen der Dance Company eine agile, farbenfrohe Choreographie in der Tradition auf Moderne trifft.
Bei der Choreographie Dunja Jocićs findet man sich in einer mystischen, dunklen Welt wieder, in der sich eine Horde Kreaturen, halb Mensch, halb Tier über die Bühne bewegt. Ausgangspunkt ist das bekannte Musikstück Prélude à l’après-midi d’un faune (Vorspiel zum Nachmittag eines Faunes) von Claude Debussy nach einem Gedicht von Stéphane Mallarmé. Seinerzeit entwickelte Vaslav Nijinsky, einer der einflussreichsten Tänzer und Choreographen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, ein damals skandalträchtiges Tanzstück. Jocić nimmt Bezug auf diese Wurzel und entwickelt ihre eigene zeitgenössische Version. Mit abstrakten Bewegungen und körperlichen Extremen, schafft sie eine mystische Atmosphäre, die uns zwischen der Faszination für das Schöne und dem Schrecken der Grausamkeit hin und her werfen.