FOTO: © Galerie Neukölln

Mutterleidb

Das sagt der/die Veranstalter:in:

Mutterleidb  - can you hide us from the waiting world?

Heilige und Huren – einfache Strukturen

"Als Mutter war die Frau furchterregend, deshalb muß sie in der Mutterschaft verklärt und unterworfen werden."   - Simone de Beauvoir, Das andere Geschlecht

Die Frau ist durch ihr Fleisch unterworfen; durch eine ganze Mythologie der Mutterschaft, die ihr vom Staat, der Kirche und der Gesellschaft auferlegt wird. Neu formierte faschistische Bewegungen erheben die Frau zur ‘heiligen Mutter’ - doch diese Heiligkeit bedeutet nichts als eine weitere Form von Knechtschaft: Die Mutter wird nicht als Individuum anerkannt, sondern als Gefäß der Zukunft der Nation. In dieser Vergöttlichung liegt ihre Entmenschlichung.

Mutterleidb blickt auf den Mutterleib als Ursprung und Gefängnis, als Zuflucht und Reinheitsutopie, als Wiege einer Welt, die zwischen Sehnsucht nach Geborgenheit und Angst vor dem Äußeren wankt. Mutterleidb hinterfragt die Mechanismen von Zugehörigkeitshygiene, die Dialektik von Integration und Ausschluss, die Verführungskraft der Festung und der Verzweiflung des Außenseiters. Und sie stellt die unbequeme Frage: Was, wenn die Geburt, der Schrei nach Freiheit längst zur reaktanten Losung neuer Autoritäten geworden ist?

Und was, wenn der Körper, der Leben schenkt, selbst als untragbar gilt? Die schwangere Gestalt – ein Wunder aus Zellteilung und Metamorphose – wird bestaunt wie ein Kunstwerk – berührt, gedeutet, vereinnahmt. In ihr verdichtet sich eine Ästhetik der Fülle, der Überschreitung, der radikalen Schöpfungskraft. Und doch wird die Mutter in der modernen Leistungsgesellschaft zum Störfaktor: zu schwer, zu verletzlich, zu fordernd. Mutterschaft gilt als Sakrament, solange es sich in den Rahmen des Repräsentablen fügt – jenseits davon wird es zur Zumutung. Zwischen Kult und Ausschluss, zwischen göttlicher Erhebung und arbeitsmarktlicher Unsichtbarkeit oszilliert die Wahrnehmung der Mutter.

Mutterleidb stellt diese Spannungen in den Mittelpunkt. Der Mutterleib als Hort der Sicherheit, aber auch als faschistoides Paradies. Die Gesellschaft als zensierte Festung, aber auch als Ort, an dem man unaufhörlich um Zugehörigkeit, um Zärtlichkeit kämpfen muss. Und die Kunst als Medium, das weder schützen noch zerstören kann – sondern im besten Fall aufdecken, gebären und infrage stellen.

Die neue Gruppenausstellung Mutterleidb zeigt Kunstwerke von Anna Shneivas, Jana Villaluz und Kadi Kaivo. Am 7. Mai findet um 20:15 Uhr eine Vernissage statt.

Location

Galerie Neukölln Karl-Marx-Straße 107 12043 Berlin

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