Das sagt der/die Veranstalter:in:

Zu Gast:

Jess Jochimsen & Birte Volta

Die Nachtbarden sind Tobi Kunze, Johannes Weigel, Ruby schreibt Zeugs und Kersten Flenter. Pointiert, abwechslungsreich und immer mit unerwarteten Perspektiven bewaffnet, nehmen die LesebühnenautorInnen monatlich Alltag, Zeitgeschehen und Politik auseinander. Dafür laden sie sich die Hochkaräter der Literatur- und Songwriterszene ein. 2015 ausgezeichnet mit dem Kabarettpreis „Fohlen von Niedersachsen“, wandeln die Nachtbarden trittsicher auf dem Drahtseil aus Literatur, Satire und erstgemeintem Schabernack.

Jess Jochimsen

  • Jess Jochimsen, 1970 in München geboren, studierte Germanistik, Politikwissenschaft und Philosophie und lebt als Autor und Kabarettist in Freiburg.

  • Seit 1992 Auftritte auf allen bekannten deutschsprachigen Bühnen mit unterschiedlichen Solo-Programmen, in denen sich Texte, Lieder und Dias mischen.

  • 1998 tritt er zum ersten Mal im Fernsehen auf (als Gast bei „RTL-Samstag-Nacht“), 1999 ist er gemeinsam mit Dieter Hildebrandt und Bruno Jonas im „Scheibenwischer“ in der ARD zu sehen.

  • Von 2003 – 2011 drei Duo-Programme mit dem Freiburger Sänger und Musiker Sascha Bendiks, daneben und bis auf Weiteres kontinuierliche Zusammenarbeit mit dem Kölner Musiker und Komponisten Alexander Paeffgen.

  • Von 2000 – 2008 moderiert er die Literatursendung „Die Vorleser“ im WDR-Hörfunk, seit 2006 verantwortet er die „SWR-Nacht der Poet:innen“.

  • Seit 2016 ist Jess Jochimsen Ensemble-Mitglied beim „Bundesordner“, dem satirischen Jahresrückblick des Casinotheaters Winterthur.

  • Neben seiner Bühnentätigkeit widmet sich Jess Jochimsen zunehmend dem Schreiben. Er verfasst Kolumnen, Satiren und Essays u.a. für die „Frankfurter Rundschau“, das „SZ-Magazin“, die „taz“ und den WDR.


  • 2000 erscheint sein erstes Buch „Das Dosenmilch-Trauma. Bekenntnisse eines 68er-Kindes“ bei dtv. Es folgen die Erzählsammlungen „Flaschendrehen“ und „Krieg’ ich schulfrei, wenn du stirbst?“ sowie die Bildbände „DanebenLeben“ und „Liebespaare, bitte hier küssen!“.

  • 2011 wird der Monolog „Was sollen die Leute denken“ unter dem Titel „Und draußen blüht es dir“ im Theater Rampe in Stuttgart als Ein-Personen-Stück uraufgeführt (Regie: Eva Hosemann). Der Roman „Bellboy“ (2005) wird zur Grundlage für Christian Lerchs Film „Was weg is’, is’ weg“, der 2012 in die Kinos kommt.

  • 2017 erscheint, wiederum bei dtv, der von Kritik wie Leserschaft hochgelobte Roman „Abschlussball“. 2018 wird das von Anja Schöne und ihm übersetzte Kinderbuch „Wazn Teez?“ für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. 2022 tritt Jess Jochimsen als Gründungsmitglied dem PEN Berlin bei und steht im Wort.

  • Zwei seiner Geschichten finden Eingang in deutsche Schulbücher. Kaufen kann sich Jess Jochimsen dafür nichts. Deswegen schreibt und tingelt er weiter. Und das gerne.

  • Auszeichnungen:

  • 1996 Kleinkunstpreis Baden-Württemberg (Förderpreis)

  • 1996 Kabarett Kaktus

  • 1997 Passauer Scharfrichterbeil (1. Platz)

  • 1997 StuStaCulum Preis, Uni München

  • 1998 Deutscher Kabarettpreis (Programmpreis)

  • 1998 Lüdenscheider Kleinkunstpreis

  • 1999 Prix Pantheon (Jurypreis)

  • 2002 Garchinger Kleinkunstmaske

  • 2006 Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor

  • 2010 Kleinkunstpreis Baden-Württemberg (Hauptpreis)

  • 2018 Swiss Comedy Award (Kategorie „Ensemble“, mit dem „Bundesordner“)

  • 2022 Publikumspreis der Rügener Kabarett-Regatta

  • 2022 Arbeitsstipendium Förderkreis Schriftsteller:innen in Baden-Württemberg

Birte Volta

Wenn in Deutschland jemand zur Gitarre greift – und zwar egal, ob männlich, weiblich, divers –, bekommt man es völlig zu Recht mit der Angst zu tun. Es bleiben nur Flucht, Totstellreflex oder Anästhesie durch zügigen Substanzmissbrauch. Selbst dann, wenn der schlimmste Kelch – das Singen in der Landessprache – an einem vorübergeht. Man ahnt: Gleich wimmert und barmt es, gleich kommt ein Dylan-Entdecker der letzten Stunde, gleich lagerfeuert es gewaltig, die Reduktion des Glücks auf jenes zu zweit – mit »ihm« oder »ihr«, gern schmerzlich vermisst – steht unmittelbar bevor, die Gefühle sind heute im Sale: Alles muss raus! Die Palette der akustischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit reicht dabei von erlösungsbedürftiger Heulsusigkeit über Schwanzrock bis hin zu Kirchentagslyrik, Elfenkitsch und faustreckendem Politengagismus. Man kann Bücher darüber schreiben, weshalb das so ist und was die fehlende deutsche Popkultur mit Romantik, Innerlichkeitsemphase, dem Wald sowie dem Ausbleiben frühzeitiger politischer Revolutionen zu tun hat.

  • Man kann aber auch – und das ist viel schöner – auf zwar regelbestätigende, aber umso wohltuendere Ausnahmekünstler*innen verweisen. Um eine solche handelt es sich bei Birte Volta. Sie kennt ihren Folkblues aus dem Effeff, wurde mit dem Sumpfwasser des Mississippi-Deltas getauft, schreibt viel zu selten aufgeführte eigene Songs wie das bestrickende »Winterʼs Breeze« und deutet die anderer gern akustisch aus. Die Legende, man setze sie zur Salzgewinnung ein, gehört selbstverständlich ins Reich des Mythos. Wahr ist dagegen, dass es immer mal wieder zu Heulattacken infolge emotionaler Ausnahmezustände während ihrer Shows kommt. Überliefert ist ebenfalls, dass der Alkoholisiertheitsgrad in manch schummriger Bar Rekordwerte erreichte, weil immer wieder jemand eine Runde für alle versprach, wenn die Chanteuse doch nur bereit wäre, dieses und jenes zu spielen. Sie war – ob es nun um Pink Floyds »Wish You Were Here«, Billie Eilishs »Ocean Eyes«, Patti Smiths »Because The Night«, die altüberlieferte Murder Ballad »Matty Groves« oder Spezielles von The Smiths ging. Die in der Lüneburger Heide aufgewachsene und in Hildesheim subkulturell sozialisierte Sängerin, die schon aller Herren und Frauen Länder – von Neuseeland über Australien bis hin zu England, Irland und Frankreich – durchstreifte, ist eben ein wandelndes Song Book.

  • Birte Volta zählt nicht zu den Weidwunden im Lande, die rehäugig mit ihrer eigenen Vulnerabilität hausieren gehen. Und so nah sie den Unterholzverwunschenheiten des folky Dreigestirns aus Vashti Bunyan, Linda Perhacs und Sibylle Baier mitunter sein mag: Die ehemalige Sängerin und Gitarristin von BM Stereo kann auch rocken. Dann stehen die Zeichen auf Strumming statt Fingerpicking. Doch so breitbeinig da auch das Innere mit »Fuck you!«-Attitüde nach außen gekehrt wird: Birtes Rock wird nicht zum authentizistischen Rockismus, sondern bleibt gebrochen, reduziert, hager, erschöpft, sich verzehrend. Eher PJ Harvey und Patti Smith als Alanis Morissette. Statt schwitzig die Sau rauszulassen, ist Birtes Ansatz eher: »Schaut mal, so würde es aussehen, wenn ich jetzt schwitzig die Sau rausließe.«

  • Das Schönste ist aber etwas, das sich bei fast allen großen Künstlerinnen und Künstlern beobachten lässt: die Metamorphose. Wenn der Typ oder die Typin, die einem zuvor nicht sonderlich aufgefallen sind (noch nicht einmal unangenehm!), eine Verwandlung durchlaufen, die sie plötzlich innerlich glühen und mit schlafwandlerischer Sicherheit agieren lässt. Im Fall der Singer/Songwriter-Nomadin Birte Volta, deren Angst vor Verwurzelung größer als ihre Angst vor Wurzellosigkeit ist, heißt das: Die Welt ist eine Art Exil. Zu Hause? Das ist die Bühne. Thomas Hübener

Teilnahmebedingungen für Gewinnspiele

Location

TAK Theater am Küchengarten Am Küchengarten 3-5 30449 Hannover

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