Jacques Tilly – Freigeist: Künstlergespräch im Stadtmuseum Düsseldorf
Das Stadtmuseum Düsseldorf veranstaltet die erste Retrospektive des Düsseldorfer Künstlers und DA!-Mitglieds Jacques Tilly. Die Ausstellung umfasst seine Kinderzeichnungen, die weltberühmten Arbeiten zum Thema Kunst und Politik und gibt Einblick in seine Künstlerwerkstatt. Im Mittelpunkt stehen die Artefakte zu seinen international bedeutsamen politischen Karnevalswagen. Die Ausstellung läuft vom 11.02.-10.08.2025.
Im Rahmen der Ausstellung findet am 06.05.2025 / 18 Uhr ein Künstlergespräch mit Jacques Tilly mit anschließendem Umtrunk statt.
Moderation: Dr. Susanne Anna. Weitere Informationen hier.
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Diskurs: Die Arbeit von Jacques Tilly ruht auf einem Fundament geistiger Auseinandersetzung mit wichtigen Traditionen des abendländischen Denkens. Zentral ist für ihn die Aufklärung, die den Menschen den Weg aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit gewiesen hat. Tilly versteht Aufklärung als einen Prozess, als Entwicklung hin zu einem selbstbestimmten Miteinander in einer offenen Gesellschaft. Er glaubt wie sein Landsmann Heinrich Heine fest daran, dass wir schon hier auf Erden glücklich sein können. Allen Kräften, die den Prozess der Aufklärung aufzuhalten oder zu behindern suchen, hat er den Kampf angesagt, seien es die Antidemokraten und Diktatoren, die übergriffigen Vertreter der Kirchen oder die Ideologen und Volksverführer. Dieser Kampf ist bei allem Spaß an der Freud auch die Basis für sein karnevalistisches Engagement. Jacques Tilly unterstützt zusammen mit seiner Frau, der Fotografin, Filmemacherin und DA!-Mitgründerin Ricarda Hinz, seit vielen Jahren die Arbeit der Giordano-Bruno-Stiftung, die sich die Verbreitung der Ideen der Aufklärung auf die Fahnen geschrieben hat.
Kunst und Politik: Von Seiten der Politik, der Kirche und anderer gesellschaftlicher Kräfte werden allzu oft Dinge als richtig und notwendig bezeichnet, deren Richtigkeit und Notwendigkeit höchst zweifelhaft ist. Solche Grenzüberschreitungen, die gegen Freiheit, Recht, Moral oder Vernunft verstoßen, sind es, die der Freigeist Jacques Tilly mit seinen Mitteln bekämpft. Er tut das als Satiriker, der zuspitzt, übertreibt und die Angegriffenen dem Spott preisgibt. Das Problem dabei: Er hat nur einen Versuch, seine satirischen Kunstwerke müssen auf den ersten Blick zünden. Es bleibt keine Zeit und kein Raum für Erklärungen. Das ist die große Kunst von Tillys Arbeiten: Die karikierten Personen oder Ereignisse so ins Bild oder in Szene zu setzen, dass das Ziel der satirischen Kritik unmittelbar sichtbar wird. Wie sehr ihm das gelingt, zeigt die große Resonanz, die seine Karnevalswagen, aber auch die zu speziellen Anlässen entworfenen Großskulpturen etwa zum Brexit oder zum Weltjugendtag der katholischen Kirche weit über Düsseldorf und über Deutschland hinaus gefunden haben und immer wieder finden.
Werkstatt Karneval: Der Karneval ist das klassische Revier der Satire. Für die Dauer der tollen Tage steht die Welt Kopf. Die da unten übernehmen das Kommando und machen sich lustig über die da oben. Voraussetzung ist allerdings, dass man sie lässt, dass Narrenfreiheit herrscht. Jacques Tillys Arbeiten sind der Beweis dafür, dass man das in Düsseldorf begriffen hat. Kreativität braucht Freiheit, und die wird ihm gegen viele Versuche der Einflussnahme gewährt, vor allem seit 2001 beschlossen wurde, die Mottowagen bis zum Rosenmontag geheim zu halten. Dafür werden die Düsseldorfer jedes Jahr mit herausragenden Wagen belohnt. Das dahinter für Tilly und sein Team eine Menge Arbeit steckt ist klar. Die Saison beginnt für die Wagenbauer im Frühsommer mit der Verkündung des Karnevalsmottos. Ab jetzt wird entworfen und skizziert, dann gedrahtet, kaschiert und bemalt, und oft genug wieder verworfen und neu begonnen, wenn nötig noch kurz vor Beginn des Zuges. Denn alles ist erlaubt in der Satire, nur unverständlich und langweilig darf sie nicht sein und darf vor allem nicht ihr Ziel verfehlen.