Sie ist eine Frau, deren maßloses Wollen zu ihrer eigenen Auslöschung führt: Die thebanische Königstochter Semele soll auf Wunsch ihres Vaters den Prinzen Athamas heiraten, verliebt sich aber in den Gott Jupiter, der ihr in menschlicher Gestalt gegenübertritt. Am Tag ihrer Hochzeit lässt sich Semele daher bereitwillig in dessen Gefilde entführen. Der liebestrunkene Jupiter schwört seiner neuen Geliebten, ihr jeden Wunsch zu erfüllen. Dieses Versprechen nutzt seine eifersüchtige Gattin Juno für eine hinterhältige Intrige: In Gestalt von Semeles Schwester Ino redet sie Semele ein, diese könne Unsterblichkeit erlangen, wenn sie Jupiter in dessen wahrer, göttlicher Gestalt sähe. Damit gibt sie Semele den Wunsch an Jupiter vor, freilich ohne ihr zu verraten, dass der Anblick eines Gottes für ein menschliches Wesen nicht zu ertragen ist. Im Angesicht des wahren Jupiters wird Semele verbrennen.
Nachdem Händel über drei Jahrzehnte mit seinen italienischsprachigen Opern das Londoner Musikleben dominiert hatte, wandte er sich um 1740 der Gattung des Oratoriums zu, einer konzertant vorgetragenen dramatischen Erzählung in der Landessprache, mit zahlreichen Chören. Dieser Form folgt auch seine 1744 uraufgeführte »Semele«, nach einer Episode aus Ovids »Metamorphosen«.