Im Alltag leben und spielen wir oft eine Vielzahl sozialer und emotionaler Rollen. Verschiedene Ausprägungen dieser Rollen können den psychoemotionalen Zustand einer Person aus dem Gleichgewicht bringen. Wir wechseln oft von einer Maske zur anderen und vergessen dabei manchmal, eine abzunehmen und eine andere aufzusetzen. Der Krieg in der Ukraine hat zusätzliche emotionale Barrieren geschaffen: neue Masken und die Wichtigkeit, in der Gesellschaft stark und psychisch stabil zu sein. Wir imitieren die Prozesse der Arbeit, des Interesses, der Freude oder der Traurigkeit, trotz unserer eigenen Trauer oder Verzweiflung.
Die Fotoausstellung „The Imitation Game“ untersucht die Komplexität menschlicher Emotionen anhand des Bildes eines Clowns – einem Symbol für Freude und Traurigkeit zugleich. Mit seinem bunten Make-up und dem breiten Lächeln wirkt der Clown auf den ersten Blick fröhlich und unbeschwert. Doch hinter dieser Maske kann sich eine ganze Palette von Gefühlen verbergen – von tiefer Traurigkeit bis hin zu echter Angst. Die Ausstellung möchte anhand von großformatigen Porträts von als Clown geschminkten Personen diese verborgenen Emotionen sichtbar machen. Das Bild eines Clowns betont den Kontrast zwischen äußerer Erscheinung und innerem Zustand, übertreibt die extremen Zustände menschlicher Gefühle und dient als Metapher für die „Masken“, die Menschen im Alltag oft tragen.
Alle Charaktere der Ausstellung stehen in direktem Zusammenhang mit dem Kultur- und Kunstraum Underground Passage „Vagabundo“ der Stadt Iwano-Frankiwsk. Männer und Frauen, Schauspieler und Kunstkritiker, Künstler und Dichter – jeder erlebt die schweren Zeiten des Krieges auf seine Weise, doch zugleich sind sie Teil eines lebendigen kreativen Organismus, der externe Impulse reflektiert. Rostyslav Shpuk, Mitorganisator dieses Kunstraums, erklärt: „Vagabundo ist ein Ort künstlerischer Freiheit…. unverwüstliche Freaks treffen dort aufeinander – eine besondere Kategorie von Freunden, Menschen mit übertriebener Präsenz, ohne die alles unmöglich ist, die ständig ihre Empfindungen für einen schärfen und jedes künstlerische Event in ein Backstage-Erlebnis verwandeln – in etwas, das nicht Show ist, eher eine Probe für etwas Größeres, etwas Dauerhaftes.“ Diese Menschen – Schriftsteller, Künstler, Schauspieler – beherrschen mehr als andere die öffentliche Inszenierung, kennen das Spiel der Nachahmung und den Preis, den sie dafür zahlen.
„The Imitation Game“ ist eine Einladung, zu reflektieren, wie wir andere wahrnehmen und wie oft unser äußeres Bild nicht mit unseren inneren Gefühlen übereinstimmt und darüber, dass es sich lohnt, jeden Moment des Lebens zu leben und selbst unter Tränen zu lächeln.
Text, Idee und Fotos: Dmytro Petryna (UA)
Make-up: Ulyana Svarychevska (UA)
Kuration: Jan Oelker (DE)